Wie funktioniert der Zensus? Die Ermittlung der Einwohnerzahl im Zensus 2022

Mit dem Zensus wird ermittelt, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie wohnen und arbeiten. Es wurden alle Einwohnerinnen und Einwohner der Bundesrepublik Deutschland zum Zensusstichtag am 15. Mai 2022 gezählt. Dabei kam – wie schon beim Zensus 2011 – ein Verfahren zum Einsatz, das bereits vorhandene Daten verwendet. Insbesondere wurden die Meldedaten aus den Registern der öffentlichen Verwaltung genutzt. Daher sprechen wir von einem registergestützten Zensus. Eine reine Auszählung der Melderegister zur Ermittlung der Bevölkerungszahl ist allerdings nicht ausreichend, denn: Nicht alle Angaben daraus sind präzise und aktuell.

Für die Pflege der Melderegister sind die Gemeinden darauf angewiesen, zeitnah über Änderungen in der Bevölkerung informiert zu werden. Dies ist nicht immer der Fall. Manche Personen sind nicht an ihrem Wohnort gemeldet, andere stehen im Register, sind aber umgezogen oder bereits verstorben. Eine Person, die zwar im Melderegister existiert, die aber nicht mehr an der im Melderegister geführten Anschrift lebt, wird als "Karteileiche" bezeichnet. Eine Person, die an einer bestimmten Anschrift lebt, jedoch nicht im Melderegister mit dieser Anschrift geführt wird, wird als "Fehlbestand" deklariert.

Aus diesem Grund sieht der Zensus 2022 basierend auf den Erfahrungen des Zensus 2011 eine Reihe von ergänzenden Maßnahmen vor, mit denen das Ergebnis der Melderegisterauszählung statistisch korrigiert wird. Diese Maßnahmen bestehen zum einen aus der Bereinigung der Registerdaten durch die Mehrfachfallprüfung (1) und zum anderen aus verschiedenen, sogenannten primärstatistischen Korrekturen der Registerdaten (2).

1. Bereinigung der Registerdaten durch die Mehrfachfallprüfung

Zur Feststellung der amtlichen Bevölkerungszahl wurde zunächst auf die Einwohnermelderegister der Städte und Gemeinden zurückgegriffen. Diese übermittelten zum Zensusstichtag am 15. Mai 2022 alle bei ihnen gemeldeten Personen an die Statistischen Ämter der Länder. Um auch alle stichtagsrelevanten, aber erst nach Stichtag im Melderegister eingetragenen An- und Abmeldungen berücksichtigen zu können, gab es drei Monate später eine zweite Datenübermittlung.

In den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder werden die Datenlieferungen unter strengen Datenschutzvorgaben zusammengeführt. Eine Zusammenführung der Daten aller Kommunen zu einem Datenbestand ist notwendig, da die Melderegister in der Regel dezentral verwaltet werden. Das bedeutet, dass jede Gemeinde für die Pflege und Aktualisierung ihrer Melderegister selbst zuständig ist. In der Regel übernimmt diese Aufgabe das Einwohnermeldeamt einer Gemeinde.

Aufgrund der dezentralen Melderegisterführung kann es vorkommen, dass Personen beispielsweise an mehreren Wohnorten oder nur mit einem Nebenwohnsitz gemeldet sind. Um solche fehlerhaften Konstellationen aufzudecken und im Personenbestand zu korrigieren, wird eine sogenannte Mehrfachfallprüfung durchgeführt. Jede Person existiert danach nur ein einziges Mal im bundesweiten Personenbestand mit einer alleinigen Wohnung oder mit einer Hauptwohnung und gegebenenfalls weiteren Nebenwohnsitzen.

2. Primärstatistische Korrektur der Registerdaten

Für eine Korrektur der Melderegister wurde ein Teil der Bevölkerung auch direkt befragt. In der Statistik wird dies als primärstatistische Erhebung bezeichnet. Zu den primärstatistischen Teilen der Ermittlung der Bevölkerungszahl des Zensus 2022 gehören a) die Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis sowie b) die Vollerhebung an Anschriften mit Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften.

Nach der Durchführung der Befragungen werden die Befragungsergebnisse mit dem Personenbestand bei den Statistischen Ämtern abgeglichen. Ziel der Haushaltebefragung und der Erhebung an Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften ist es, mögliche Registerfehler – Über- und Untererfassungen, „Karteileichen“ und Fehlbestände – zu erkennen und anschließend statistisch zu korrigieren. Die in der Vollerhebung an Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften festgestellten sowie die aus der Haushaltebefragung hochgerechneten Fehlbestände werden zum Personenbestand hinzugezählt und die ermittelten „Karteileichen“ abgezogen. So wird die Bevölkerungszahl pro Gemeinde berechnet.

Wichtig: Korrigiert werden an dieser Stelle nur die Bevölkerungszahlen. Den Gemeinden wird nur mitgeteilt, wie viele Personen korrekt gemeldet sind und wie viele Über- und Untererfassungen in ihren Registern vorkommen. Wenn beim Zensus zum Beispiel festgestellt wird, dass eine Person in einer Gemeinde wohnt, ohne dort gemeldet zu sein, darf deren Name keinesfalls an die Gemeinde weitergegeben werden. Dies ist durch das sogenannte Rückspielverbot geregelt.

a) Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis

Im Rahmen der Haushaltebefragung wurde nur ein Teil der Bevölkerung befragt. Hier wurde eine Stichprobe von Anschriften gezogen und das Ergebnis dieser Stichprobe wird auf die gesamte Bevölkerung hochgerechnet. Die Auswahl der Anschriften erfolgte auf der Grundlage eines komplexen mathematischen Zufallsverfahrens. Es wurden alle zum Stichtag an einer Stichprobenanschrift lebenden Personen ermittelt und befragt. Die Ergebnisse der Befragung werden über Erhebungsstellen der Städte und Landkreise an die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder übermittelt.

Neu ist, dass beim Zensus 2022 grundsätzlich in allen Gemeinden eine statistische Korrektur des Melderegisterbestands über die Haushaltebefragung erfolgt. Im Zensus 2011 wurde dies auf Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern beschränkt. In kleineren Gemeinden gab es damals ein alternatives Bereinigungsverfahren. Mit der Ausweitung der Stichprobe ist für den Zensus 2022 ein einheitliches methodisches Vorgehen zur Bevölkerungszahlermittlung unabhängig von der Gemeindegröße gewährleistet. Im WISTA-Artikel "Präzisionsziele für die Ermittlung der Einwohnerzahl bei der Haushaltsstichprobe im Zensus 2021" wird das Stichprobenverfahren ausführlich beschrieben.

Um die Bevölkerungszahl hinreichend genau ermitteln zu können, werden ausreichend große Stichprobenumfänge benötigt. In großen Gemeinden ist dies gegeben, in kleinen Gemeinden muss aber ein großer Anteil der Bevölkerung in die Stichprobe aufgenommen werden. In einigen Gemeinden konnte es daher zu Vollerhebungen kommen – das bedeutet, dass alle in der Gemeinde lebenden Personen befragt wurden. Die Stichprobe konnte allerdings auch auf Basis von Gemeindeverbänden bzw. Teilen von Gemeindeverbänden anstatt von einzelnen Gemeinden gezogen werden. Dadurch reduzierte sich die Anzahl der Befragten für diese Gemeinden.

b) Vollerhebung an Anschriften mit Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften

In Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften ist aufgrund einer relativ hohen Fluktuation oder unzureichendem Meldeverhalten von überdurchschnittlich vielen veralteten und/oder unvollständigen Angaben in den Registern auszugehen. Deshalb fand hier eine Vollerhebung statt. Das heißt, es wurden zu allen Bewohnerinnen und Bewohnern Angaben erhoben. Eine Hochrechnung ist daher nicht mehr notwendig.